Sanitäts­offiziers­anwärter wegen fehlender Eignung entlassen

Verwaltungsgericht Würzburg, Urteil vom 24.08.2021 – W 1 K 21.354 –

Wenn es zu einer erheblichen Studienverzögerung kommt, kann dies die Entlassung eines Sanitäts­offiziers­anwärters wegen fehlender Eignung begründen. Keine Rolle spielt es, dass die Verzögerung eventuell auf das Bekanntwerden einer HIV-Infektion zurückzuführen ist.

Ein Sanitätsoffiziersanwärter wurde im März 2020 aus der Bundeswehr entlassen, weil es zu erheblichen Studienverzögerungen kam. Seit Mai 2014 studierte er Zahnmedizin in Erlangen. Defizite zeigten sich bereits zu Studienbeginn. Der Soldat beantragte immer wieder die Gewährung von Zusatzsemestern, die ihm auch bewilligt wurden. Nachdem er im 12. Studiensemester und 5. Fachsemester noch nicht die Vorprüfung abgeschlossen hatte, kam die Bundeswehr zu dem Ergebnis, dass das Studium nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums abgeschlossen werde. Es folgte die Entlassung des Offiziersanwärters. Gegen die Entlassung erhob er Klage beim Verwaltungsgericht (VG) Würzburg. Seine Klage begründete er unter anderem damit, dass die Studienverzögerung auf das Bekanntwerden seiner HIV-Infektion im 3. Semester und denn dadurch bedingten erheblichen psychischen Belastungen zurückzuführen sei.

Rechtmäßige Entlassung

Das VG Würzburg folgte den Argumenten des Klägers nicht. Seine Entlassung aus der Bundeswehr, so das Gericht, wegen mangelnder Eignung, sei rechtmäßig. Nachvollziehbar und bewertungsfehlerfrei sei die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen, dass die bisherigen Studienverzögerungen einen verzugsfreien weiteren Studienverlauf nicht erwarten lassen. Der Kläger habe die Regelstudienzeit für Zahnmedizin von fünf Jahren und sechs Monaten überschritten, ohne die Vorprüfung abgeschlossen zu haben. Nach dem Bestehen der Vorprüfung wären selbst bei weiterem verzögerungsfreien Ablauf des Studiums noch drei weitere Jahre bis zum endgültigen Abschluss des Studiums erforderlich. Somit liege eine wesentliche Verzögerung des Studienablaufs vor.

Verzögerung wegen Bekanntwerden der HIV-Infektion unbeachtlich

Den Einwand des Klägers hinsichtlich seiner HIV-Infektion hielt das VG für unbeachtlich. Denn für die Beurteilung der Eignung komme es nicht auf eine schuldhafte Pflichtverletzung an. Es sei unbeachtlich, auf welchen Umständen die Verzögerung beruht. Im Übrigen stehe die HIV-Infektion als Ursache für die Studienverzögerung auch nicht zweifelsfrei fest. Denn die ersten Defizite beim Kläger zeigten sich bereits im zweiten und dritten Semester, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger von seiner Infektion noch gar nichts wusste.

Rechtsgrundlage für die Entlassung des Sanitäts­offiziers­anwärters: § 55 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 Soldatengesetz

Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz – SG)
§ 55 Entlassung

(1) Für den Soldaten auf Zeit gilt § 46 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 5 sowie 7 und 8 und Satz 2 und 3 entsprechend. § 46 Abs. 3a gilt mit Ausnahme des Satzes 5 mit der Maßgabe entsprechend, dass ein Soldat auf Zeit auch nicht entlassen ist, wenn er zum Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst oder zum Zwecke der Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten oder zum Beamten des Einsatzdienstes der Berufsfeuerwehr ernannt wird. Für einen Soldaten auf Zeit, der auf Grund eines Eingliederungsscheines zum Beamten ernannt wird, gilt § 46 Absatz 3a Satz 1 entsprechend.

(2) Ein Soldat auf Zeit ist zu entlassen, wenn er dienstunfähig ist. § 44 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein Soldat auf Zeit ist auf seinen Antrag zu entlassen, wenn das Verbleiben im Dienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Ein Soldat auf Zeit kann in den ersten vier Jahren seiner Dienstzeit entlassen werden, wenn er die Anforderungen, die an ihn in seiner Laufbahn zu stellen sind, nicht mehr erfüllt. Unbeschadet des Satzes 1 soll entlassen werden:

1.

ein Offizieranwärter, der sich nicht zum Offizier eignet,

2.

ein Sanitätsoffizieranwärter, der sich nicht zum Sanitätsoffizier eignet,

3.

ein Militärmusikoffizieranwärter, der sich nicht zum Militärmusikoffizier eignet,

4.

ein Geoinformationsoffizieranwärter, der sich nicht zum Geoinformationsoffizier eignet,

5.

ein Feldwebelanwärter, der sich nicht zum Feldwebel eignet, und

6.

ein Unteroffizieranwärter, der sich nicht zum Unteroffizier eignet.

Ist er zuvor in einer anderen Laufbahn verwendet worden, soll er nicht entlassen, sondern in diese zurückgeführt werden, soweit er noch einen dieser Laufbahn entsprechenden Dienstgrad führt.

(5) Ein Soldat auf Zeit kann während der ersten vier Dienstjahre fristlos entlassen werden, wenn er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde.

(6) Für die Zuständigkeit, die Anhörungspflicht und die Fristen bei der Entlassung gilt § 47 Abs. 1 bis 3 entsprechend. Die Entlassungsverfügung muss dem Soldaten in den Fällen des Absatzes 2 wenigstens drei Monate und in den Fällen des Absatzes 4 wenigstens einen Monat vor dem Entlassungstag unter schriftlicher Angabe der Gründe zugestellt werden. Für Soldaten, die einen Eingliederungsschein (§ 9 Absatz 1 Nummer 2 des Soldatenversorgungsgesetzes) erhalten können und die Erteilung beantragt haben, beträgt die Frist in den Fällen des Absatzes 2 ein Jahr. In den Fällen des Absatzes 3 gilt § 46 Abs. 7 entsprechend.

Fußnote

§ 55 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Kursivdruck: Das Wort „Millitärmusikoffizier“ wurde aufgrund offensichtlich unrichtiger Schreibweise durch das Wort „Militärmusikoffizier“ ersetzt