Die Schulbehörde durfte die Schulleiterin einer Grundschule in Viersen suspendieren, weil sie verpflichtende Corona-Schutzmaßnahmen an der Schule nicht beachtet hat. Insbesondere weil sie sich geweigert hatte, in der Schule eine Maske zu tragen. Das hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG) kürzlich entschieden und damit einen Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf bestätigt.
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. September 2021 – 6 B 1098/21
Auch nach eineinhalb Jahren Pandemie gibt es immer noch Menschen, die Hygienemaßnahmen nicht wichtig finden. Und das sind keineswegs nur „Coronaleugner“ und Verschwörungstheoretiker. So hatte sich das OVG mit dem Fall einer Leiterin einer Grundschule zu befassen, die Mitte April 2021 ihre Pflicht als Schulleiterin dadurch verletzt hatte, dass sie es versäumte, wöchentlich zwei Corona-Selbsttestungen der Schülerinnen und Schüler an der Schule durchzuführen.
Zudem warf ihre Dienstherrin ihr weitere Pflichtverstöße im Zusammenhang mit der Einhaltung von Infektionsschutzmaßnahmen an der Schule vor, wie etwa das unzureichende Lüften des Klassenraums während des Unterrichts und die Durchführung dienstlicher Besprechungen ohne Einhaltung des Mindestabstands.
Die Schulleiterin wird suspendiert, weil sie sich weigert, eine Maske zu tragen
Das Maß war für die zuständige Bezirksregierung voll, als die Schulleiterin sich wiederholt weigerte, in der Schule eine Maske zu tragen. Sie verfügte ein Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte gegen die Beamtin. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung des Verbotes an, weshalb ein Vorgehen gegen die Verfügung keine aufschiebende Wirkung hat.
Die Schulleiterin hat die Entscheidung angefochten und zugleich beim Verwaltungsgericht die Herstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Das hatte das VG jedoch abgelehnt.
Das OVG hat jetzt das Rechtsmittel der Schulleiterin gegen den Beschluss des VG zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, so das OVG, dass zwingende dienstliche Gründe das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtfertigen würden. Die Schulleiterin habe wiederholt gegen die unmittelbar aus der Corona-Betreuungsverordnung folgende Verpflichtung verstoßen, in der Schule eine Maske zu tragen.
Von dieser Pflicht sei sie nicht aus medizinischen Gründen befreit, weil die von ihr vorgelegten ärztlichen Atteste sämtlich nicht die an einen derartigen Nachweis zu stellenden Mindestanforderungen erfüllten. Durch ihre Weigerung, in der Schule eine medizinische Maske zu tragen, habe sie sich zugleich bewusst über eine ausdrückliche Weisung ihres Dienstherrn hinweggesetzt.
Eine ordnungsgemäße Dienstausübung ist von der Schulleiterin aus Sicht des OVG nicht zu erwarten
Die Schulleiterin habe zudem Mitte April 2021 ihre Pflicht als Schulleiterin verletzt, wöchentlich zwei Corona-Selbsttestungen der Schülerinnen und Schüler an der Schule durchzuführen. Ferner bestünden Anhaltspunkte dafür, dass sie weitere Pflichtverletzungen in Zusammenhang mit den Hygienebestimmungen begangen habe.
Ihrem Einwand, die Verordnungsbestimmungen zur Maskenpflicht und zur Durchführung von Selbsttests an Schulen sowie die ihr dazu erteilten Weisungen seien rechtswidrig, sei der Senat nicht gefolgt. In der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts sei hinreichend geklärt, dass gegen die Maskenpflicht sowie die Durchführung von Selbsttests auf das Coronavirus an Schulen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken bestünden. Das Verwaltungsgericht habe vor diesem Hintergrund zu Recht angenommen, dass eine ordnungsgemäße Dienstausübung von der Antragstellerin nicht zu erwarten sei.
Angesichts der nach wie vor vorhandenen Uneinsichtigkeit der Antragstellerin sei weder jetzt noch in Zukunft davon auszugehen, dass sie gesetzlichen Regelungen und dienstlichen Anweisungen, die sie subjektiv für rechtswidrig oder unzweckmäßig erachte, Folge leisten würde. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens an (Grund-)Schulen, das derzeit aufgrund des noch fehlenden Impfstoffs für Kinder unter 12 Jahren sowie des verhaltenen Impffortschritts in der Altersklasse der 12- bis 16jährigen besonders dynamisch sei.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Hier geht es zur Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts:https://www.justiz.nrw.de/JM//Presse/presse_weitere/PresseOVG/07_09_2021_/index.php
Wichtige Vorschriften:
§ 80 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.