Arbeitgeber darf Rückkehr aus Homeoffice anordnen

Den Arbeitsort bestimmt grundsätzlich der Arbeitgeber, wenn das nicht ausdrücklich abweichend geregelt worden ist. Die Corona-Arbeitsschutzverordnung gewährt keinen Anspruch auf Home-Office. Der Arbeitgeber muss allerdings „billiges Ermessen“ wahren, wenn er die Rückkehr aus dem Homeoffice anordnet. Das LAG München hat kürzlich die Entscheidung eines Arbeitgebers für korrekt befunden, einen Grafiker aus dem Homeoffice zurückzuholen.

Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 26. August 2021 – 3 SaGa 13/21

Ein Arbeitgeber aus München hatte seinen Beschäftigten seit Dezember 2020 die Erlaubnis erteilt, an ihrem jeweiligen Wohnort zu arbeiten. Eine Ausnahme bildeten lediglich die Beschäftigten im Sekretariat, die im eingeschränkten Umfang vor Ort im Büro in München anwesend sein mussten.

Im Februar 2021 hat der Arbeitgeber gegenüber einem bei ihm beschäftigten Grafiker angeordnet, seine Tätigkeit wieder unter Anwesenheit im Büro in München zu erbringen. Der Arbeitnehmer hat vor dem Arbeitsgericht München im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt, dass ihm das Arbeiten aus dem Homeoffice gestattet wird und diese Homeoffice-Tätigkeit nur in Ausnahmefällen unterbrochen werden darf.

Es ist Sache des Arbeitgebers, die Arbeitspflicht zu konkretisieren

Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht zurückgewiesen. Einen Anspruch auf Arbeiten im Homeoffice ergebe sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus Corona-Arbeitsschutzverordnung. Auch aus § 106 S. 1 GewO lasse sich keine Pflicht des Arbeitgebers herleiten, sein Direktionsrechts im Rahmen billigen Ermessens in der Weise auszuüben, wie es der Arbeitnehmer wünsche. Es sei Sache des Arbeitgebers, die Arbeitspflicht zu konkretisieren.  Die allgemeine Gefahr, sich auf dem Weg zur Arbeit mit Covid-19 anzustecken und das allgemeinen Infektionsrisiko am Arbeitsort und in der Mittagspause stünden der Pflicht nicht entgegen, am Arbeitsplatz zu erscheinen und dort seine Arbeitskraft anzubieten.

Das LAG München hat diese Entscheidung jetzt bestätigt und ausgeführt, dass der Arbeitgeber den Arbeitsort anweisen durfte, wenn er bei der Entscheidung billiges Ermessen wahre. Der Arbeitsort war weder im Arbeitsvertrag noch kraft späterer ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung der Parteien auf die Wohnung des Grafikers festgelegt.

Die Corona-Arbeitsschutzverordnung vermittelt kein subjektives Recht auf Homeoffice

Das Recht, die Arbeitsleistung seit Februar 2021 von zuhause zu erbringen, ergebe sich auch nicht aus der Corona-Arbeitsschutzverordnung. Nach dem Willen des Verordnungsgebers vermittele diese Vorschrift kein subjektives Recht auf Homeoffice. 

Der Arbeitgeber habe billiges Ermessen gewahrt, da zwingende betriebliche Gründe der Ausübung der Tätigkeit in der Wohnung entgegenstanden. Die technische Ausstattung am häuslichen Arbeitsplatz habe nicht der am Bürostandort entsprochen und der Arbeitnehmer habe nicht dargelegt, dass die Daten gegen den Zugriff Dritter und seiner Ehefrau, die für ein Konkurrenzunternehmen arbeiten würde, geschützt gewesen seien. 

Das Urteil ist rechtskräftig.

Hier geht es zur Pressemitteilung des LAG München:

Urteil vom 26. August 2021

Begriffserklärung:

Billiges Ermessen

„Billig“ bedeutet in diesem Zusammenhang nicht preiswert. „Billiges Ermessen“ ist vielmehr ein unbestimmter Rechtsbegriff, den man stark vereinfacht mit „gerecht und angemessen“ übersetzen kann. Der Arbeitgeber kann nach seinem Ermessen entscheiden, muss aber auch die Interessen der Beschäftigten angemessen berücksichtigen.

Wichtige Vorschriften:

§ 106 Gewerbeordnung

Weisungsrecht des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.