Antikriegstag 2021: Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!

Am 1. September 1939 überfiel die deutsche Wehrmacht Polen. Dadurch begann der bisher größte militärische Konflikt der Menschheitsgeschichte. Über 60 Millionen Menschen verloren im zweiten Weltkrieg ihr Leben. Seit 1957 wird in Deutschland jeweils am 1. September an die Gräuel zweier Weltkriege und die Folgen von Krieg, Gewalt und Faschismus erinnert. Zum Antikriegstag 2021 laden das Maxim-Gorki-Theater und der Deutsche Gewerkschaftsbund zu einer Online-Diskussion am 1. September ein.

Mehr dazu auf der Website des DGB: https://www.dgb.de/termine/++co++acc8d33a-fffd-11eb-a3e2-001a4a160123

Wir leben in einer Zeit großer weltpolitischer Umbrüche. Nach dem Fall der Mauer und dem Ende des kalten Krieges hatten wir gehofft, für lange Zeit in einer Welt der Abrüstung, Entspannung und internationalen Zusammenarbeit zu leben. Stattdessen greifen Nationalismus und Militarismus wieder um sich. Weltweit stecken Regierungen Unsummen in die Rüstung, obwohl das Geld gerade in der Corona-Krise dringend für andere Aufgaben benötigt würde.

Aber nicht nur Rüstungsausgaben, auch eine sich ausbreitende völkische Gesinnung erhöht die Kriegsgefahr

Nötig ist aber auch, dass wir uns mit aller Kraft dagegen wehren, dass in unserem Land Rassismus und völkische Gesinnung wieder zu Einfluss kommen. Denn wir dürfen niemals vergessen, dass genau das die Weltkriege erst möglich gemacht hat.

Deshalb ist bedrohlich, dass mit Parteien und Gruppierungen wie der AfD offensichtlich eine Politik wieder salonfähig wird, die auf Ausgrenzung setzt. Nachdem naturwissenschaftlich geklärt ist, dass das Konzept „Rasse“ in Bezug auf Menschen schlichtweg Blödsinn ist, bekennt sich zwar kaum jemand offen zum Rassismus. Stattdessen wird dieser netter verpackt und es wird eher damit argumentiert, dass „Ethnien“ zu schützen seien und nicht „durchmischt“ werden dürften.

Mit welcher Begründung auch immer völkische Standpunkte erklärt und verteidigt werden: sie sind gefährlich und gehören auf den Müllhaufen der Geschichte.

Eine völkische Geisteshaltung bereitet den Weg für Faschismus, Krieg und Holocaust

Von den meisten Deutschen wird heute kaum noch bestritten, dass „die Nazis“ den zweiten Weltkrieg verschuldet haben. 1933 sind allerdings nicht plötzlich „braune Männchen“ vom Himmel gefallen und die Ideologie der Nazis ist auch nicht erst mit der Gründung der Partei entstanden. Sie standen vielmehr in der Tradition einer „völkischen Bewegung“, zu der sich viele Zeitgenossen auch außerhalb der NSDAP rechneten. Heute würde man sagen, die Nazis kamen „aus der Mitte der Gesellschaft“.

Die „völkische“ Geisteshaltung ist bereits im 19. Jahrhundert entstanden und war insbesondere im bürgerlichen Mittelstand stark vertreten. Gemeint ist eine Haltung, die die Bedeutung des „eigenen Volkes“ stark überhöht. Die völkische Bewegung war in Deutschland eine deutschnationale und antisemitisch-rassistische Bewegung, die in vielen einflussreichen Vereinen und Zusammenschlüssen organisiert war. Die weitaus stärkste war der „Alldeutsche Verband“.

Die NSDAP war ein Kind der völkischen Geisteshaltung

Aus eben jenem „Alldeutsche Verband“, der nach der Novemberrevolution zunächst die führende Kraft der „völkischen Bewegung“ war, kamen viele spätere Nationalsozialisten, aber auch deren Förderer und Unterstützer. Nie wieder Krieg heißt deshalb auch: nie wieder völkische Parteien und Organisationen. Wenn auch nicht nur, so hat doch eine verbreitete völkische Gesinnung ganz erheblich zum Erstarken des Nationalsozialismus und zu einem zweiten Weltkrieg beigetragen.

Das, was wir heute den zweiten Weltkrieg und den Holocaust nennen, war das Ergebnis einer Geisteshaltung und einer Politik, die bereits im 19. Jahrhundert Deutschland stark geprägt hat. Einzige nennenswerte gesellschaftliche Kraft, die diese Geisteshaltung bekämpft hat, war die Arbeiterbewegung, also die Gewerkschaften und die SPD. Auch wenn mit dem ersten Weltkrieg und dem sogenannten „Burgfrieden“ viele Funktionäre aus der Arbeiterbewegung diesen Weg verlassen hatten.

Schon Deutschnationale und Alldeutscher Verband verfolgten eine Politik, die „neuen Lebensraum“ und „reines Blut“ zum Ziel hatte. Wer es über sich bringt, Hitlers Machwerk „Mein Kampf“ zu lesen, wird feststellen, dass die „nationale Bewegung“ zum Ziel hatte, mit Kriegen für Deutschland „neuen Lebensraum“ zu gewinnen und „artfremdes Blut“ auszurotten. Und das zu einer Zeit, als die NSDAP selbst noch eine unbedeutende Splitterpartei war, sich aber munter in der „Mitte der Gesellschaft“ unter völkischen und deutschnationalen Verbänden bewegte.

Mit aller Kraft gegen Rassismus und völkischer Geisteshaltung!

Nach der Machterschleichung machten sich die Nazis auch sogleich ans Werk, völkische Gesinnung in Politik umzusetzen. Auch auf den Krieg arbeiteten sie von Anfang an hin. Das konnten sie nur, weil eben „völkisch“ und „Mitte der Gesellschaft“ damals in Deutschland kein Widerspruch war.

Am ersten September 1939 „brach“ dann kein Krieg „aus“. Nein, die deutsche Wehrmacht überfiel Polen, ohne Kriegserklärung und durch nichts provoziert. Angeführt von zumeist völkisch denkenden Generälen, die häufig gar nicht einmal Mitglied in der NSDAP waren.

Dadurch begann der bisher größte militärische Konflikt der Menschheitsgeschichte, in dem über 60 Millionen Menschen ihr Leben verloren.

Provoziert hatte indessen Deutschland selbst. Schon am 22. August 1939 hielt Hitler auf dem Berghof in der Nähe von Berchtesgaden eine Rede vor Generälen der Wehrmacht. Er legte dar, dass er einen Krieg mit Polen für unausweichlich halte.  Das deutsche Volk sei mit 140 Menschen auf den Quadratkilometer zusammengedrängt. Man müsse dem Volk den nötigen Lebensraum geben.

Ein Unternehmen mit dem Namen „Tannenberg“ diente zur Vorbereitung des Angriffs. Hitler meinte seinerzeit, es sei egal, ob eine Rechtfertigung des Angriffs auch glaubwürdig sein würde: „Im Sieg liegt das Recht“ meinte er hierzu. Schon am 10. August 1939 befahl der Chef des Sicherheitsdienstes (SD), Reinhard Heydrich, einer Einheit der SS, sich auf Aktionen vorzubereiten, die polnische Übergriffe simulieren. Dazu gehörte auch ein Anschlag auf den Rundfunksender Gleiwitz in der Nähe der polnischen Grenze.

Die UdSSR wollte man sich zunächst vom Hals halten

Am 23. August 1939 vereinbarte das Deutsche Reich mit der Sowjetunion einen Nichtangriffspakt. In einem Zusatzprotokoll steckten beide Mächte ihre Interessensphären in Europa ab. Insbesondere Polen teilten sich Deutschland und die Sowjetunion auf. Den Nazis war klar, dass die Westmächte eingreifen könnten, wenn Deutschland Polen überfällt. Einen Zweifrontenkrieg wollten sie zunächst auf jeden Fall vermeiden.

Sechs SS-Leute besetzten am 31. August 1939 gegen 20.00 Uhr unter Führung des Sturmbannführer Alfred Naujocks den Radiosender Gleiwitz. Die Aktion wäre beinahe noch schiefgelaufen. Die SS hatte übersehen, dass der Sender gar kein eigenes Programm ausstrahlte. Es fehlte ein Mikrofon. Die Besetzer konnten zunächst gar nicht senden. Nachdem sie mühsam eins beschafft hatten, verbreiteten die SS-Leute eine Ansprache. Die Nazis gaben vor, Angehörige der polnischen Minderheit in Schlesien zu sein. Die Sendung dauerte nur knapp 4 Minuten. Der Sprecher behauptete, der Sender befinde sich in polnischer Hand und die Stunde der Freiheit sei gekommen. Er endete mit dem Ruf: „Hoch lebe Polen“.

Das Deutsche Reich greift unter Verletzung aller Regeln des Völkerrechts Polen an

Zwei Geschwader der deutschen Luftwaffe griffen am 1. September gegen 4.30 Uhr die polnische Kleinstadt Wieluń an und zerstörten sie fast komplett. Etwa 2.500 Menschen kamen dabei ums Leben. Um 4.45 Uhr griff dann ein deutsches Schiff an. Das Ziel war der polnische Stützpunkt auf einer Sandbank in der Weichselmündung, der Westerplatte. Die „Schleswig-Holstein“ lag bereits seit Tage in der Weichselmündung und war als Passagierschiff getarnt. Es folgten deutsche Luftangriffe auf die Westerplatte und weitere polnische Städte. Darunter war Warschau. Allein dort gab es über 30.000 Tote.

Das deutsche Heer marschierte mit 2 Millionen Soldaten in Polen ein. Unverzüglich setzten die Nazis das „Unternehmens Tannenberg“ um. Sie ermordeten polnische Juden, Rechtsanwälte, Lehrer und weitere Akademiker.

„Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen“ tönte Adolf Hitler am ersten September 1939 in einer Rede vor dem Reichstag, die der staatliche „Großdeutschen Rundfunk“ in ganz Deutschland übertrug. Der Diktator behauptete, Polen habe „heute Nacht zum ersten Mal auf unserem eigenen Territorium auch mit bereits regulären Soldaten geschossen“. Und fügte hinzu, dass der Kampf Deutschlands sich nicht gegen Frauen und Kinder richte und die Luftwaffe sich auf militärische Ziele beschränken wolle.

Es gab keinen Angriff durch Polen

In dieser Rede war so ziemlich alles gelogen. Die polnische Armee hat nie angegriffen. Das Sicherheitshauptamt der SS hat von langer Hand das Programm mit dem Decknamen „Unternehmen Tannenberg“ vorbereitet und beschrieben, wie bei einem Krieg mit Polen hinter den Linien zu agieren ist. Das Ziel des Planes war zynisch beschrieben als „Durchsetzung nationalsozialistischer Volkstumspolitik“. Tatsächlich ging es darum, die polnische Intelligenz und alle Menschen jüdischen Glaubens umzubringen und den Rest der Bevölkerung zu versklaven oder zu deportieren.

Der Plan war damit Teil einer Strategie, die die Nazis schon von Anfang an verfolgten. Bereits in „Mein Kampf“ beschrieb Hitler sie. Er wollte große Teile Mittel- und Osteuropas als Lebensraum für Deutsche erobern und „rassisch unerwünschte“ Bevölkerung vertreiben und „ausmerzen“.

Deutschland hat allein einen Krieg verschuldet, der mehr als 60 Millionen Menschen das Leben kostete

Es kann heute keinen Zweifel daran geben, dass Deutschland den zweiten Weltkrieg allein verschuldet hat. Der Angriffskrieg war nicht provoziert und völkerrechtswidrig. Die Deutschen haben ihn auch mit völkerrechtswidrigen Mitteln und ohne Rücksicht auf Verluste -auch eigener  – geführt. Und zumindest an der Ostfront fand ein besonders widerwärtiger Vernichtungskrieg statt. Er kostete Millionen von Menschen das Leben. Mehr als 13 Millionen Tote gehen allein auf deutsche Kriegsverbrechen an Zivilist*innen zurück. Dabei sind die Toten durch die eigentlichen Kriegshandlungen wie etwa die Bombardierung von Städten nicht mitgezählt.

Die Hetzrede Adolf Hitlers vor dem Reichstag enthielt also nichts Wahres. Die Behauptung, Frauen und Kinder würden geschont, erweist sich angesichts des Vernichtungskrieges als besonders zynisch. Polen hat zu keiner Zeit auch nur im Traum daran gedacht, Deutschland zu überfallen. Das wäre auch blanker Selbstmord gewesen. Die polnische Armee war technisch nicht annähernd dazu ausgerüstet.

Was Hitler in der Rede als Grund für den deutschen Angriff auf das Nachbarland angegeben hatte, war erstunken und erlogen. Deutsche Soldaten haben nicht zurückgeschossen. Sie haben geschossen, ohne dass die Polen provoziert hätten. Nicht einmal die von Hitler genannte Uhrzeit hat gestimmt.