Fast eineinhalb Jahre nach Beginn der Pandemie besteht in vielen Bereichen immer noch die Pflicht, sich eine medizinische Maske aufzusetzen. Das Arbeitsgericht Köln hält die außerordentliche Kündigung eines Servicetechnikers für wirksam, die der Arbeitgeber ausgesprochen hatte, weil sich der Techniker weigerte, bei Kunden eine Maske zu tragen.
Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 17.Juni 2021 – 12 Ca 450/21
Das Tragen einer medizinischen Maske ist unbeliebt. Man fühlt sich eingeschränkt, bekommt schwer Luft und es bildet sich schon nach kurzer Zeit unterhalb der Maske eine unappetitliche Mischung aus kondensierter Atemluft und Nasensekret. Die Masken haben sich aber als unverzichtbares Hilfsmittel bei der Bekämpfung der Pandemie erwiesen.
Grundsätzlich besteht immer noch nach der Corona-Arbeitsschutzverordnung eine Maskenpflicht. Das gilt insbesondere bei Kundenkontakt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitsschutzstandards und die Standards über den Gesundheitsschutz einhalten. Wenn er in diesem Rahmen Weisungen erteilt, riskieren Beschäftigte ihr Arbeitsverhältnis, wenn sie gegen diese Weisungen verstoßen.
Ein Servicetechniker weigerte sich, eine medizinische Maske zu tragen
Es gibt Menschen, bei denen es aus gesundheitlichen Gründen nicht zu vertreten ist, dass sie eine Maske tragen. Sie können sich dann mit einem ärztlichen Attest von dieser Pflicht befreien lassen. Das Arbeitsgericht Köln war kürzlich mit einer Sache beschäftigt, in der es um einen solchen Sachverhalt ging.
Der Kläger war bei seiner Arbeitgeberin als Servicetechniker im Außendienst beschäftigt. Aufgrund der Pandemiesituation erteilte die Beklagte allen Servicetechnikern die Anweisung, bei der Arbeit bei Kunden eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.
Anfang Dezember 2020 reichte er bei der Arbeitgeberin ein ärztliches Attest vom Juni 2020 ein, das im auf Blankopapier ausgestellt war. In diesem Schriftstück hieß es, dass es für den Kläger aus medizinischen Gründen unzumutbar sei, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARS-COV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen. Das Schriftstück überreicht der Kläger unter dem Betreff „Rotzlappenbefreiung“.
Zugleich weigerte sich der Kläger, einen Serviceauftrag bei einem Kunden durchzuführen, der ausdrücklich auf das Tragen einer Maske bestand.
Die Arbeitgeberin erkannte das Attest des Arztes nicht an
Die Arbeitgeberin wies den Kläger daraufhin ausdrücklich an, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Sie teilte ihm außerdem mit, dass sie das Attest nicht anerkenne, weil es keine konkreten und nachvollziehbaren Angaben enthielte. Sie würde aber die Kosten für den medizinischen Mund-Nasen-Schutz übernehmen.
Der Kläger lehnte es indessen weiterhin ab, den Serviceauftrag auszuführen. Daraufhin mahnte die Arbeitgeberin ihn zunächst ab. Dessen ungeachtet teilte der Kläger mit, dass er den Einsatz auch zukünftig nur durchführen werde, wenn er keine Maske tragen müsse. Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich.
Gegen die Kündigung hatte der Kläger beim Arbeitsgericht Köln geklagt. Das Gericht wies seine Kündigungsschutzklage jedoch ab.
Arbeitsgericht Köln: es gibt Zweifel an den medizinischen Einschränkungen des Klägers
Mit seiner beharrlichen Weigerung, den Mund-Nasen-Schutz zu tragen, habe der Kläger wiederholt gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen. Eine Rechtfertigung hierfür ergebe sich auch nicht aufgrund des vorgelegten Attests. Zum einen sei das Attest nicht aktuell gewesen. Zum anderen sei ein Attest ohne konkrete Diagnose eines Krankheitsbildes nicht hinreichend aussagekräftig, um eine Befreiung von der Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen zu rechtfertigen.
Schließlich bestünden Zweifel an der Ernsthaftigkeit der vom Kläger behaupteten medizinischen Einschränkungen, da der Kläger selbst den Mund-Nasen-Schutz als Rotzlappen bezeichnet habe und dem Angebot einer betriebsärztlichen Untersuchung nicht nachgekommen sei.
Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.
Hier geht es zur Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Köln:
Das meinen wir dazu:
Solange es wissenschaftlicher Erkenntnisstand ist, dass medizinische Masken helfen, die Pandemie einzudämmen, sind entsprechende Arbeitsschutznormen sehr sinnvoll. Und wenn Arbeitgeber Anweisungen erteilen, die diesen Normen entsprechen, können Beschäftigte nicht einfach von sich aus beschließen, gegen die Normen zu verstoßen. Solche Verstöße sind, da geben wir dem Arbeitsgericht Recht, Verletzungen von Pflichten aus dem Arbeitsvertrag und an sich geeignet, Gründe für Abmahnungen und Kündigungen darzustellen.
An einer Stelle lag das Arbeitsgericht nach unserer Auffassung aber falsch: ein Attest sei ohne konkrete Diagnose eines Krankheitsbildes nicht hinreichend aussagekräftig, meint das Gericht.
Aus einem ärztlichen Attest an den Arbeitgeber darf indessen nur hervorgehen, dass der Arbeitnehmer dieses oder jenes nicht machen darf, nicht aber warum. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich kein Recht, Auskunft über die Diagnose zu erhalten. Das ist langjährige Rechtsprechung etwa bei arbeitsunfähigen Erkrankungen und gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber Zweifel hat, dass der Arbeitnehmer wirklich krank ist.
Es ist nämlich Teil des Grundrechts auf Menschenwürde (Artikel 1 Grundgesetz) und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Artikel 2 Grundgesetz), dass jeder Mensch selbst entscheiden kann, wem er wie weit seine Gesundheitsdaten mitteilt.
Ausnahmen gibt es nur, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Information hat, woran ein Beschäftigter erkrankt ist. Das hat er aber nur, wenn eine chronische Leistungseinschränkung für betriebliche Belange relevant ist. Das war aber gerade nicht der Fall. Zwar stellt der Kundenkontakt einen betrieblichen Belang dar. Aber nicht in hier relevanter Weise.
Relevant wäre eine Krankheit, wenn ein Beschäftigter wegen ihr grundsätzlich seine Aufgaben nicht oder jedenfalls nicht vollständig erfüllen könnte. Im vorliegenden Fall geht es aber nur darum, dass der Kläger während der Pandemie keine Maske trägt. Seine Aufgaben als Servicetechniker sind gar nicht betroffen.
Verstehen können wir allerdings einen gewissen Zweifel, den das Gericht an der Ernsthaftigkeit des Attestes hatte. Die Bezeichnung der Maske als „Rotzlappen“ weist schon darauf hin, dass der Kläger grundsätzlich nicht viel von einem Mund-Nasen-Schutz hält. Auch hätte er, wenn wirklich eine chronische Krankheit es nicht vertreten lässt, dass er eine Maske trägt, sich ein aktuelles Attest vom Facharzt besorgen können, nachdem der Arbeitgeber die Ernsthaftigkeit angezweifelt hatte.