Auch Beamte der Justiz sind nicht davor gefeit, Straftaten zu begehen

Wer als Geschäftsstellenleiter eines Verwaltungsgerichts Büromöbel auf Rechnung des Gerichts bestellt und diese dann für eigene Zwecke einsetzt, begeht ein schweres Dienstvergehen. Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat jetzt einen Justizamtmann aus diesem Grund aus dem Dienst entfernt.

Verwaltungsgericht Osnabrück, Urteil vom 4. Juni 2021 – Az. 9 A 1/21

Beamt*innen können ein relativ sorgenfreies Leben führen, jedenfalls insoweit es um finanzielle Absicherung geht.  Die Begründung des Beamtenverhältnisses erfolgt durch die Berufung einer/s Bewerber*in in ein Amt. Liegt kein Sonderfall vor, ist die/der Beamt*in durch Aushändigung der Ernennungsurkunde auf Lebenszeit ernannt.

Auch nachdem Beamt*innen in den Ruhestand getreten sind, besteht das Beamtenverhältnis also fort. Beamt*innen haben einen Anspruch auf Besoldung (Alimentation) bis zum Lebensende. Die Rechte und Pflichten des Beamten und des Dienstherrn ergeben sich aus der Verfassung und dem Gesetz. Es gibt also kein vertraglich begründetes Arbeitsverhältnis, das gekündigt werden könnte.

Gegen Beamt*innen, die Dienstpflichten verletzen, führt der Dienstherr ein Disziplinarverfahren

Ein Freibrief, sich so zu verhalten, wie es einem passt, ist das allerdings nicht. Selbstverständlich haben auch Beamt*innen ihre Pflichten. Auch sie können ihren Job verlieren und sogar ihre relativ komfortable Altersversorgung, die Pension. Dienstvergehen von Beamt*innen können aber nicht einfach durch Vorgesetzte geahndet werden. Solche Maßnahmen setzen ein Disziplinarverfahren voraus.

Grundsätzlich gibt es zwei Arten dieser Verfahren. Will der Dienstherr einen Verweis erteilen, eine Geldbuße auferlegen oder das Gehalt kürzen, verhängt er die Disziplinarmaßnahme durch einen Verwaltungsakt, gegen den der Beamte freilich einen Rechtsbehelf einlegen kann. Will der Dienstherr den Beamten indessen degradieren oder sogar aus dem Dienst entfernen, muss er diese Maßnahme beim Verwaltungsgericht beantragen, indem er Disziplinarklage erhebt.

Ein auf Lebenszeit ernannter Beamter ist aus dem Dienst zu entfernen, wenn der Dienstherr oder die Allgemeinheit das Vertrauen in den Beamten endgültig verloren haben. Von einem solchen Vertrauensverlust ist auszugehen, wenn der Beamte schuldhaft ein schweres Dienstvergehen begangen hat. In einem derartigen Fall es keine Alternative: das Gesetz schreibt die Entfernung zwingend vor.

Bei Straftaten im Dienst oder außerhalb des Dienstes bemisst sich die Disziplinarmaßnahme nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen

Ein Dienstvergehen liegt auch vor, wenn ein Beamter im Dienst oder auch außerhalb des Dienstes eine Straftat begangen hat. In einer Entscheidung vom Dezember 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) beschlossen, dass es Straftaten, die im Dienst begangen werden und außerdienstliche Straftaten ein identischer „Orientierungsrahmen“ besteht. Danach bemisst sich die Disziplinarmaßnahme nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen.

Das BVerwG hat klargestellt, dass der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Inwieweit Vertrauen durch eine Straftat des Beamten verloren gegangen ist, orientiert sich an dem Strafmaß, die der Gesetzgeber für diese Tat vorsieht.

Begeht ein Beamter eine Straftat, für die das Strafgesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Bei einer Strafandrohung bis zu zwei Jahren reicht der Rahmen bis zur Herabsetzung (Degradierung) um ein Amt.

Wenn das Dienstvergehen in einem Zusammenhang mit dem Amt des Beamten steht, reicht es auch, wenn die Tat mit einer Freiheitsstrafe um bis zu zwei Jahren bedroht ist, den Beamten aus dem Dienst zu entfernen. Das hat das BVerwG etwa angenommen bei Polizisten oder Lehrern, denen man den Besitz kinderpornografischer Schriften nachweisen konnte. Nicht entscheidend ist im Übrigen, zu welcher Strafe ein Gericht den Beamten schlussendlich verurteilt hat.

Ein Justizamtmann hatte bei der Tischlerei einer Justizvollzugsanstalt im Namen und auf Rechnung der Behörde Büromöbel bestellt

Das Verwaltungsgericht Osnabrück verhandelte im Mai dieses Jahres über eine Disziplinarklage des Landes Niedersachsen, die darauf gerichtet war, einen Beamten aus dem Dienst zu entfernen. In den Fall geht es um einen Justizamtmann, der seit mehr als zehn Jahren Geschäftsstellenleiter des Verwaltungsgerichts war. Dieser war selbst mit der Justiz in Konflikt geraten.

Er hatte im Zeitraum von August 2018 bis Dezember 2018 in seiner Eigenschaft als Geschäftsstellenleiter Büromöbel zum Preis vom 1.620 € bei der Tischlerei der Justizvollzugsanstalt Lingen-Damaschke im Namen und auf Rechnung der Behörde bestellt. Die Möbel hat er dann zu einem Preis von 1.980 € an Dritte geliefert und in Rechnung gestellt haben.

Die von der JVA Lingen gestellte Rechnung gab er verfälscht in den Geschäftsgang des Verwaltungsgerichts, um seine Tat zu verschleiern. Den Geldbetrag in Höhe von 1.980 €, den ihn der Dritte für die Möbel gezahlt hatte, steckte der Beamte in die eigene Tasche.

Die Tat blieb indessen nicht verborgen. Der Amtmann wurde angeklagt und das Amtsgericht Osnabrück verurteilte ihn wegen Untreue in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen jeweils im besonders schweren Fall und Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Der Amtmann wird aus dem Dienst entfernt

Ihm werden von seinem Dienstherrn darüber hinaus noch weitere Verletzungen seiner Dienstpflicht vorgeworfen. Er soll u.a. seine Arbeitszeit fehlerhaft gebucht und die Kernarbeitszeit verletzt haben Insoweit gab es gegen ihn bereits ein Disziplinarverfahren.

Die Disziplinarklage des Landes hatte Erfolg. Die Disziplinarkammer des Gerichts war bei ihrer Entscheidung an die rechtskräftigen tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts gebunden und ist aufgrund des dort festgestellten Sachverhalts zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Beamte eines Dienstvergehens schuldig gemacht hat.

Der Beamte hatte im Disziplinarverfahren zwar eingewendet, er habe die Stühle später in den Besitz des Verwaltungsgerichts zurückführen wollen. Das musste das Gericht jedoch nicht berücksichtigen, weil es keine Anzeichen dafür gab, dass die Feststellungen des Amtsgerichts insoweit offensichtlich nicht richtig gewesen sind. Das Verwaltungsgericht ging vielmehr mit dem Dienstherrn auch davon aus, dass der Beamte zu seinem eigenen finanziellen Vorteil gehandelt hat. Zudem berücksichtigte das Gericht noch, dass der Beamte durch die nicht zutreffende Erfassung seiner Arbeitszeit weitere Dienstvergehen begangen hatte.

Nach einer umfassenden Abwägung aller be- und entlastenden Umstände sei das Gericht daher zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beamte durch die von ihm begangenen Dienstpflichtverletzungen das Vertrauen des Dienstherrn endgültig verloren habe, so das Verwaltungsgericht in seiner Begründung. Er sei deshalb aus dem Dienst zu entfernen.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Osnabrück:

https://www.verwaltungsgericht-osnabrueck.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/strafrechtlich-verurteilter-beamter-des-verwaltungsgerichts-osnabruck-wird-aus-dem-dienst-entfernt-201065.html