Keine Entschädigung für Scheinbewerbung!

„AGG-Hopping“ gibt es, seit es das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gibt. Mit diesem Begriff bezeichnet man Personen, die davon leben, diskriminiert zu werden. Sie bewerben sich um offene Stellen – aber nicht, um diese zu bekommen, sondern um unter diskriminierenden Umständen abgelehnt zu werden und anschließend auf Entschädigung zu klagen. Diskriminierend ist eine Ablehnung beispielsweise wegen des Alters, Geschlechts, der Herkunft, Religion oder einer Behinderung. Über einen solchen Fall hatte auch das Arbeitsgericht zu entscheiden.

Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 23.10.2019 – 5 Ca 1201/19

Der beklagte Arbeitgeber ist ein öffentlich-rechtlicher Zweckverband in Trägerschaft zweier Industrie- und Handelskammern, der eine Qualifizierungseinrichtung zur Durchführung von Bildungsmaßnahmen unter anderem für Einzelpersonen, Unternehmen und Institutionen betreibt.

In der „Jobbörse“ der Bundesagentur für Arbeit wurde ein „Stellenangebot des Beklagten veröffentlicht. Gesucht wurde ein – Ausbilder / Anleiter (Koch/Köchin) mit den Arbeitsorten in „T.“ Auszugsweise lautete das Stellenangebot wie folgt:

Titel des Stellenangebots

Ausbilder / Anleiter (Koch/Köchin)

Alternativberufe

Hauswirtschafter/in

Stellenbeschreibung

Für unsere Bildungsmaßnahme suchen wir Fachanleiter aus den Bereichen Küche / Hauswirtschaft / Nähen

Ausbildereignungsprüfung muss vorhanden sein oder kurzfristig nachgeholt werden

Vergütung und Zusatzleistungen            

Bei der Besetzung des Stellenangebotes findet ein Tarifvertrag Anwendung Tarifvertrag: TVöD-VKA

Befristung

Befristetes Arbeitsverhältnis für 24 Monate, eine spätere Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist möglich

Anforderungen an den Bewerber: Berufsausbildung /Studium

Koch/Köchin

Hauswirtschafter/in

Der 1946 Kläger geborene Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 27. Mai 2019 um die ausgeschriebene Stelle. Sein Bewerbungsschreiben lautete wie folgt:

              „Betr. Stellenausschreibung Internet Ausbilder / Anleiter

Sehr geehrter…

bin an dieser Aufgabe interessiert und möchte eine nähere Kontaktaufnahme herstellen. Mein Status Regel-Altersrentner, ich bitte um ein Gehaltsangebot auf Vollzeitbasis, auch ist mir eine Tätigkeit auf Honorarbasis möglich. Der Ausbildungsbereich Nähen kann von mir nicht erbracht werden.

Wegen der Befristung benötige ich durch den Arbeitgeber ein Appartement in nächster Betriebsnähe.

Bewerbungsunterlagen als Anlagen.

Mit freundlicher Empfehlung“

Erfolglose Bewerbung – Bewerber klagt

Außer dem Kläger bewarben sich 14 weitere Interessenten bei dem Beklagen. Keiner dieser Interessenten forderte vom Beklagen, dass er ein Appartement zur Verfügung stellt. Fünf der 15 Bewerber lud der Beklagte zum persönlichen Bewerbungsgespräch ein. Nachdem die Auswahlentscheidung getroffen war, vernichtete der Beklagte die übrigen Bewerbungen.

Der Beklagte teilte dem Kläger lediglich mit, dass er nicht in die engere Auswahl einbezogen werde. Eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erfolgte nicht. Hieraufhin erhob der Bewerber Klage beim Arbeitsgericht Bonn auf eine Entschädigungszahlung von über 11.000 Euro, die er damit begründete, dass er sich wegen seines Alters diskriminiert fühlt.

Rechtsmissbräuchliche Bewerbung

Mit Urteil vom 23.10.2019 wies das Arbeitsgericht Bonn die Klage ab. Begründet wurde diese Entscheidung ua damit, dass der Kläger schon keine Indizien dargelegt habe, die für eine Diskriminierung wegen Alters sprechen. Auch habe sich der Kläger rechtsmissbräuchlich verhalten.

Der Kläger, so das Gericht, habe sich nicht bei der Beklagten beworben, um eine Stelle zu erhalten, sondern es sei ihm ausschließlich um eine Entschädigung gegangen. Dies ergebe sich aus dem Bewerbungsanschreiben, denn dieses enthalte eine Vielzahl objektiver Indizien dafür, dass der Kläger sich ausschließlich bei der Beklagten beworben habe, um einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Auch enthalte das Bewerbungsanschreiben keinerlei Ausführungen zu der Qualifikation des Klägers oder seiner Motivation für seine Bewerbung. Mit der Forderung eines vom Arbeitgeber zu stellenden, in nächster Betriebsnähe gelegenen Appartements, habe der Kläger eine Absage geradezu provozieren wollen.

Berufung eingelegt

Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn hat der Kläger Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt. Dortiges Aktenzeichen: 5 Sa 661/19

Hier geht es zur Entscheidung des Arbeitsgericht Bonn vom 23.10.2019

https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/arbg_bonn/j2019/5_Ca_1201_19_Urteil_20191023.html