Rechtmäßige Entlassung eines Bundeswehrsoldaten wegen Hissens einer deutschen Fahne auf Kreta?

Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 21.4.2021 – 5 K 696/20.GI –

Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 21.04.2021 – 5 K 696/20.GI –

Während seines Einsatzes auf Kreta kam es zu einem Vorfall, der zur fristlosen Entlassung eines Bundeswehrsoldaten führte. Auslösend für die Kündigung war ein Vorfall in der dienstfreien Zeit des Klägers, bei dem es zur es zur Inhaftierung und Verurteilung des Klägers durch die griechischen Behörden kam. Dem Kläger wurde vorgeworfen, dass er auf einem Felsplateau auf Kreta die griechische Flagge gegen eine mitgeführte deutsche ausgetauscht hätte.

Mit Bescheid vom 15.7.2019 entließ das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Kläger aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass der Kläger schwerwiegend und schuldhaft gegen seine Pflicht zum treuen Dienen und die Pflicht zum Wohlverhalten nach Maßgabe des Soldatengesetzes verstoßen habe.

Kläger wehrt sich gegen die fristlose Entlassung

Der Kläger sieht seine Entlassung als unverhältnismäßig an. Er bestreitet selbst aktiv geworden zu sein. Die gehisste Flagge gehöre ihm nicht. Im Übrigen sei es üblich, dass am Berggipfel für Touristen ein Fahnenmast stehe, um nach einem anstrengenden Aufstieg einen Erfolg zu feiern. Solange es sich nicht um verbotene Symbole handele, sei das Hissen von Flaggen keine strafbare Handlung. Im Übrigen machte der Kläger seine Unkenntnis über die historischen Ereignisse im Zusammenhang mit der Besetzung Kretas durch Deutschland während der NS-Zeit geltend. Eine Dienstpflichtverletzung könne ihm somit nicht vorgeworfen werden.

Hissen deutscher Fahne auf fremdem Staatsgebiet rechtswidrig

Der Argumentation des Klägers folgten die Richter*innen des Gießener Verwaltungsgerichts (VG) nicht. Denn, so dass VG, das Hissen der weithin, bis an den Strand sichtbaren deutschen Fahne auf fremdem Staatsgebiet sei eine schwere und vorwerfbare Verletzung der Pflicht des Klägers. Auch außerhalb der Kaserne und seines Dienstes habe er sich so zu verhalten, dass das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt wird.

Von den Anwohnern sei das Verhalten des Klägers und seines Kameraden zu Recht als schwerer Affront aufgefasst worden. Auch sei das Ansehen der Bundeswehr durch eine umfangreiche Medienberichterstattung schwer verletzt worden.

Für unbeachtlich hielt das VG den Vortrag des Klägers, dass nicht er, sondern sein Kamerad die Fahne gehisst und sie ihm auch nicht gehört habe. Denn die Ermittlungen der Bundeswehr hatten eindeutig ergeben, dass der Kläger zumindest gemeinsam mit seinem Kameraden gehandelt hatte.

Verbleiben im Dienst gefährdet die militärische Ordnung und das Ansehen der Bundeswehr

Das Verhalten ist nach Auffassung des Gerichts auch nicht damit zu entschuldigen, dass er sich nicht darüber bewusst war, dass es im 2. Weltkrieg bei der Besetzung Kretas durch deutsche Truppen zu hohen Verlusten in der griechischen Bevölkerung gekommen war.

Ungeachtet geschichtlicher Vorkenntnisse sei das Signal, dass durch Hissen einer deutschen Fahne durch einen Bundeswehrsoldaten an einen Fahnenmast auf fremdem Staatsgebiet ausgeht, geeignet, Herrschaftsansprüche zu demonstrieren. Dies aber lasse sich mit der Funktion der Bundeswehr nicht in Einklang bringen.

Trotz bisherigen beanstandungsfreien Verhalten ist die Entlassung rechtmäßig

Ein Fahnenmast auf fremdem Staatsgebiet, so das Gericht, sei für einen Soldaten unter allen Umständen tabu für das eigenmächtige Aufziehen der deutschen Fahne.

Obwohl der Kläger sich bis zum Tag des „Vorfalls“ beanstandungsfrei verhielt, kam das VG zu dem Ergebnis, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine fristlose Entfernung aus dem Dienst vorlagen, da sein Verbleiben die militärische Ordnung und das Ansehen der Bundeswehr gefährden würden.

Berufung möglich

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe die Zulassung der Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel beantragen. Ob der Kläger hiervon Gebrauch macht, bleibt abzuwarten. Sollte Berufung eingelegt werden, was nach Auffassung des Autors nicht abwegig erscheint, werden wir darüber berichten.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Gießen vom 21.4.2021:

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/entlassung-eines-bundeswehrsoldaten-wegen-hissens-einer-deutschen-fahne-auf-kreta