Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 10.5.2021, Az.: VG 5 L 88/21 –
Die Einstellung eins den Holocaust verharmlosenden Bildes in einem Gruppenchat von Polizeibeamten rechtfertig die sofortige Entlassung eines Polizeianwärters aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.
Der 1993 geborene Antragsteller war seit April 2020 Polzeikommissaranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Er absolvierte den Vorbereitungsdienst für den gehobenen Dienst der Schutzpolizei bei der Polizei Berlin. Im Mai 2020 beteiligte er sich an einem Gruppenchat. Dieser Gruppe gehörten der 25 Nachwuchskräfte der Polizei Berlin an. Der Antragsteller stellte ein bearbeitetes Foto von Anne Frank ein, welches auf einer Pizzaverpackung von Dr. Oetker platziert und mit „Die Ofenfrische“ überschrieben war. Überdies stellte er ein weiteres Foto von Anne Frank ein, dem eine Liste von Optionen hinzugefügt war, u. a. die Aktion „Mit Stern bewerten“.
Mangelnde Charakterliche Eignung begründet sofortige Entlassung
Der gegen die sofort vollziehbare Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gerichtete Eilantrag des Polizeikommissaranwärters wurde von dem Verwaltungsgericht (VG) zurückgewiesen. Zu Recht, so die Berliner Richter*innen, habe die Polizei Berlin den Antragsteller als charakterlich ungeeignet angesehen, denn dessen Verhalten sei den an Polizeivollzugsbeamte zu stellenden Anforderungen nicht gerecht geworden. Von ihm sei zu erwarten, sich rückhaltlos für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und für den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung von Berlin einzusetzen. Auch gehörten zu seinen Kernaufgaben die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Grundsätzlich seien daher eigene Verstöße in diesem Bereich geeignet, Zweifel an der persönlichen Eignung des Beamten zu begründen.
Verhalten mit Werten des Grundgesetzes unvereinbar
Im konkreten Fall habe der Antragsteller mit seinem Verhalten eine antisemitische, allgemein menschenverachtende und diskriminierende Gesinnung an den Tag gelegt. Damit gehe, wie die Einleitung entsprechender staatsanwaltlicher Ermittlungen zeige, der begründete Verdacht der Verwirklichung der Straftatbestände des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, der Volksverhetzung und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener einher. Eine derart verharmlosende und ignorante Bezugnahme auf die Geschichte des Nationalsozialismus und der damit einhergehenden Massenvernichtung von Juden sei mit den Werten des Grundgesetzes nicht vereinbar und sei daher nicht hinzunehmen.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.
Hier geht es zur Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10.5.2021
Anmerkung:
Der Fall des Polizeikommissaranwärters ist schon längst kein „Einzelfall“ mehr, wie sich dies schon daraus ergibt, dass allein in der Chatgruppe, der der Polizeianwärter angehörte und den Holocaust verharmlosende Bilder verbreitete, weitere 25 Nachwuchskräfte der Polizei Berlin angehörten.
Einen, wenn auch sicherlich nicht vollständigen, Überblick über den „Rechtsextremismus bei der Polizei“ und die bisher bekannten Fälle gibt ein „ZDF – heute“ Beitrag vom 6.10.2020, der hier abgerufen werden kann:
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/rechtsextremismus-polizei-lagebericht-100.html