Befristung des Arbeitsverhältnisses einer Lehrkraft nicht wirksam

An Universitäten und anderen Hochschulen unterrichten viele Lehrkräfte, deren Arbeitsverhältnis befristet ist. Nach den meisten Personalvertretungsgesetzen der Länder müssen die Personalräte einer Befristung zustimmen. Teilt das Bundesland dem Personalrat jedenfalls den typisierten Grund für die Befristung nicht mit, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Anhörung.

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 17. März 2021, 2 Sa 338/20

An Universitäten lehren nicht nur Professor*innen. Nach dem Niedersächsischen Hochschulgesetz (NHG) etwa können auch Lehrkräfte für besondere Aufgaben Vorlesungen abhalten und Seminare durchführen. Das ist für die Hochschulen von deutlichem Vorteil. Diese Lehrkräfte verdienen erheblich weniger als ordentliche Hochschullehrer*innen und müssen mehr Stunden in der Woche unterrichten.

Vor allem sind Lehrkräfte für besondere Aufgaben in der Regel Angestellte und das Land muss sie nicht lebenslang alimentieren. Für gewöhnlich stellen die Universitäten solche Lehrkräfte auch nur befristet ein.

Nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland können Arbeitsverhältnisse befristet werden

Es geht im vorliegenden Fall um eine 1971 geborene Klägerin. Sie ist seit Oktober 2015 beim Land Niedersachsen an einer Universität als Lehrkraft für besondere Aufgaben beschäftigt und lehrt im Fach Philosophie.

Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag vom Oktober 2015 zugrunde. Unter dem 21. September 2016 schlossen die Parteien einen für den Zeitraum vom 1. Oktober 2016 bis zum 30. September 2019 befristeten Arbeitsvertrag.

In der Zeit vom 1. Oktober 2016 bis zum 30. September 2017 arbeitete die Lehrkraft in Teilzeit mit 75 Prozent einer Vollzeitstelle, ab dem 1. Oktober 2017 arbeitete sie in Teilzeit mit 50 Prozent einer Vollzeitstelle.

Nach dem Recht der Europäischen Union, das in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) umgesetzt ist, können Arbeitsverhältnisse befristet werden. Bis zu einer Dauer von zwei Jahren einfach so. Soll das Arbeitsverhältnis länger dauern oder gab es bereits in der Vergangenheit zwischen den Vertragsparteien ein Arbeitsverhältnis, bedarf es eines sachlichen Grundes. Grund soll im vorliegenden Fall gemäß dem Arbeitsvertrag sein, dass der Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG).

Der Leiter der Dienststelle muss den Personalrat von der Maßnahme unterrichten und dessen Zustimmung beantragen

Das Personalvertretungsgesetz des Landes Niedersachsen bestimmt, dass der Personalrat bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen mitbestimmen muss. Unterliegt eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats, hat der Leiter der Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten und seine Zustimmung zu beantragen.

Ähnliche Vorschriften gibt es auch in den Personalvertretungsgesetzen anderer Bundesländer. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einigen Entscheidungen Grundsätze für die Mitbestimmung bei der Befristung von Arbeitsverträgen herausgearbeitet.

Habe der Personalrat bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen mitzubestimmen, seien ihm der jeweilige Befristungsgrund und die beabsichtigte Befristungsdauer mitzuteilen, so das BAG.

Der Arbeitgeber sei dabei nicht verpflichtet, gegenüber dem Personalrat unaufgefordert das Vorliegen des Sachgrunds für die Befristung im Einzelnen darzulegen. Vielmehr genüge er zunächst seiner Unterrichtungspflicht, wenn für den Personalrat der Sachgrund seiner Art nach hinreichend deutlich werde.

Zu diesen Angaben, die zumindest die typisierende Bezeichnung des Befristungsgrunds umfassen müssten, sei der Arbeitgeber auch ohne besondere Aufforderung des Personalrats verpflichtet, da der Personalrat diese Informationen zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seines Mitbestimmungsrechts benötige.

Der Personalrat soll prüfen können, ob die Befristung nach den Grundsätzen der Befristungskontrolle wirksam ist

Dieses Mitbestimmungsrecht diene dem Schutz des Arbeitnehmers und trage dessen Interesse an dauerhaften arbeitsvertraglichen Bindungen Rechnung, erklärt das BAG.

Der Personalrat habe zu prüfen, ob die beabsichtigte Befristung nach den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle wirksam sei. Außerdem solle er auch bei Vorliegen einer Rechtfertigung für die Befristung darauf Einfluss nehmen können, ob im Interesse des Arbeitnehmers von einer Befristung abgesehen oder wegen der dem Arbeitnehmer zugewiesenen Arbeitsaufgaben oder der in Aussicht genommenen Befristungsgründe eine längere Vertragslaufzeit vereinbart werden könne. Dazu sei zumindest eine typisierende Benennung des Befristungsgrunds gegenüber dem Personalrat erforderlich.

Nach diesen Grundsätzen sind das Arbeitsgericht Oldenburg und das LAG Niedersachsen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Befristung nicht wirksam ist. Die Lehrkraft hat demgemäß mit dem Land ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Die erforderliche Mitbestimmung des Personalrates liege nämlich nicht vor, so das LAG Niedersachsen.

Dem Anhörungsschreiben ist nicht zu entnehmen, dass mit der Lehrkraft ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen werden soll

Das Land Niedersachsen habe auch im Rahmen der Berufung nicht dargelegt, dass der Personalrat schriftlich inhaltlich so hinreichend unterrichtet worden sei, dass dieser sein Mitbestimmungsrecht ausüben und insbesondere prüfen habe können, ob die Befristung wirksam sei.

In einem Schreiben vom 15. September 2016 an den Personalrat habe das Land neben dem Namen der Klägerin nur angegeben „Weiterbeschäftigung, Aufstockung“. Dem Schreiben sei schon nicht zu entnehmen, dass mit der Lehrkraft ein (weiterer) befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen werden sollte.

Das Land Niedersachsen habe keine Befristungsdauer mitgeteilt und keine Angaben zu einem Sachgrund gemacht. Damit sei für den Personalrat keine rechtliche Überprüfung möglich gewesen.

Die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung werde nicht nur dann unterlassen, wenn die Dienststelle den Personalrat gar nicht, sondern auch nicht vollständig im Hinblick auf alle Aspekte des für die Maßnahme in Betracht kommenden Tatbestandes unterrichte. Niedersachsen könne sich deshalb nicht darauf stützen, der Personalrat habe seine „Zustimmung“ erteilt.

Das LAG hat allerdings die Revision zum BAG zugelassen, sodass die Sache weiter gehen wird. Wir werden gegebenenfalls berichten.

Hier geht es zur Entscheidung des LAG Niedersachsen: