Über die Frage, ob Vergütungszahlungen an ehrenamtlich tätige Mandatsträger im kirchlichen Arbeitsverhältnis zulässig sind, hatte das Arbeitsgericht Aachen zu entscheiden.
Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 26.3.2021 – 6 Ca 3433/20
Der beklagte Arbeitgeber ist Mitglied im Diakonischen Werk. In dem von dem Beklagten betriebenen Krankenhaus war der Kläger seit 1981 als Arzt beschäftigt. Seit 1988 war er Mitglied der Mitarbeitervertretung und ab1992 deren Vorsitzender.
2009 wechselte der Kläger in ein von dem Beklagten betriebenes medizinisches Versorgungszentrum. Mit dem Krankenhaus war der Kläger weiterhin aufgrund von Verträgen mit reduzierter Arbeitszeit und reduzierter Vergütung verbunden. Er blieb Vorsitzender der Mitarbeitervertretung. Der Kläger schloss in den folgenden Jahren immer wieder Verträge mit dem Beklagten. Intern wurde der Kläger beim Beklagten dabei nicht mehr als Arzt geführt, vielmehr wurde sein Gehalt unter der MAV-Kostenstelle verbucht.
Beklagte beruft sich auf Nichtigkeit und stellt Gehaltszahlungen ein
Im September 2020 stellte der Beklagte die Vergütungszahlungen an den Kläger ein. Er berief sich darauf, dass die den Zahlungen zugrunde liegenden Verträge nur die Tätigkeit des Klägers in der Mitarbeitervertretung hätten ermöglichen sollen. Dies aber sei nach § 19 MVG-EKD (Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland) nur unentgeltlich möglich sei. Die zwischen den Parteien abgeschlossen Verträge seien daher nichtig. Gleichzeitig stellte der Beklagte die Gehaltszahlungen an den Kläger ein. Hieraufhin erhob er Leistungsklage und begehrte die gerichtliche Feststellung, dass
zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis als ärztlicher Mitarbeiter und Gefäßchirurg besteht und der Beklagte verurteilt wird, ihn als ärztlichen Mitarbeiter und Gefäßchirurgen zu beschäftigen.
Überdies beantragte der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, ihm die seit September 2020 arbeitsvertraglich geschuldeten Vergütungen zu zahlen.
Argumente des Beklagten überzeugen das Gericht nicht
Die Berufung des Beklagten auf § 19 (1) MVG-EKD, der folgenden Inhalt hat:
„( 1 ) Die Mitglieder der Mitarbeitervertretung üben ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt aus. Sie dürfen weder in der Ausübung ihrer Aufgaben oder Befugnisse behindert noch wegen ihrer Tätigkeit benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung“.
konnte das Aachener Arbeitsgericht nicht überzeugen. Die Regelung des § 19 MVG-EKD, so das Gericht, setzt sich gegen die Vereinbarungen der privatautonom geschlossenen Arbeitsverträge nicht durch. Die Vorschrift ist Bestandteil der kirchlichen Ordnung, deren Aufrechterhaltung jedoch nicht Aufgabe der staatlichen Arbeitsgerichte sei. Eine Sittenwidrigkeit der vertraglichen Regelungen, wie von der Beklagten geargwöhnt, vermochten die Aachener Arbeitsrichter*innen nicht zu erkennen.
konnte das Aachener Arbeitsgericht nicht überzeugen. Die Regelung des § 19 MVG-EKD, so das Gericht, setzt sich gegen die Vereinbarungen der privatautonom geschlossenen Arbeitsverträge nicht durch. Die Vorschrift ist Bestandteil der kirchlichen Ordnung, deren Aufrechterhaltung jedoch nicht Aufgabe der staatlichen Arbeitsgerichte sei. Eine Sittenwidrigkeit der vertraglichen Regelungen, wie von der Beklagten geargwöhnt, vermochten die Aachener Arbeitsrichter*innen nicht zu erkennen.
Die auf Zahlung der eingestellten Vergütung gerichtete Klage für die Monate September 2020-Februar 2021 in Höhe von 51.898,80 Euro hatte Erfolg. Auch den Feststellungsanträgen des Klägers gab das Gericht statt.
Gegen die Entscheidung kann der Beklagte das Rechtsmittel der Berufung einlegen. Ob hiervon Gebrauch gemacht wird, bleibt abzuwarten. Sollte es zu einer neuen Verhandlung und Entscheidung durch das Landesarbeitsgericht kommen, werden wir darüber berichten.
Hier geht es zur vollständigen Entscheidung:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/arbg_aachen/j2021/6_Ca_3433_20_Urteil_20210326.html