Menschen mit Behinderung – Dritter Teilhabebericht veröffentlicht

Der Dritte Teilhabebericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zeigt, wie sich die Teilhabe von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen unterscheidet und welche Entwicklungen im Zeitlauf zu beobachten sind. Trotz einiger Fortschritte wird deutlich, dass es noch deutlichen Nachholbedarf bei der Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen in die Gesellschaft gibt.

Die Bundesrepublik Deutschland hat 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) unterzeichnet und sich damit verpflichtet, die in der UN-BRK beschriebenen Rechte von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten beziehungsweise auf ihre Gewährleistung hinzuwirken. Art. 1 der UN-BRK verfolgt den Zweck, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern.

Menschen sind nicht behindert, sie werden behindert

Auch der Behindertenbegriff hat sich durch die UN-BRK verändert. Behinderungen werden heute nicht mehr als Eigenschaften eines Menschen angesehen. Vielmehr ist Behinderung etwas, was durch die Wechselwirkung von körperlichen, seelischen oder psychischen Beeinträchtigungen mit gesellschaftlichen Kontextfaktoren begründet ist. Mit anderen Worten: nicht der betroffene Mensch ist behindert. Er wird vielmehr durch gesellschaftliche Barrieren behindert. Und die gilt es möglichst weitgehend zu beseitigen. Unabhängig davon, ob es sich um physische Barrieren handelt oder um Vorurteile oder überflüssige Vorschriften.

Im Schwerbehindertenrecht geht es folgerichtig nicht mehr um Fürsorge, sondern um die möglichst nicht eingeschränkte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft. Ziel ist Inklusion und nicht bloße Integration. Inklusion bedeutet als Gegenbegriff zu Exklusion die Einbeziehung von Menschen in die Gesellschaft. Soziale Inklusion heißt somit zunächst die Akzeptanz jedes Menschen in seiner Individualität und sodann die Bereitstellung von Möglichkeiten zur möglichst vollständigen Teilhabe.

Normal ist die Vielfalt aller Menschen

Hieraus haben sich normative Konzepte entwickelt. Das Konzept der „Integration“ hat noch Menschen gemäß ihren Unterschieden in Gruppen unterteilt. Bei der Inklusion wird die Vielfalt aller Menschen als Normalität angesehen.

Die UN-BRK verpflichtet Deutschland, alle vier Jahre einen Bericht zum Umsetzungsstand der Konvention vorzulegen. Den ersten Bericht hatte sie 2013 erstellt. Im dritten Teilhabebericht konnten Entwicklungen über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren miteinander verglichen werden. Erstmals fließen auch Erkenntnisse aus der noch bis Ende 2021 laufenden, vom BMAS beauftragten Repräsentativbefragung von Menschen mit Behinderungen mit ein.

Insgesamt ist das Ergebnis eher ernüchternd. Von wirklicher Inklusion sind wir noch meilenweit entfernt.

Die soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist immer noch deutlich eingeschränkt

Es gibt freilich auch Lichtblicke: Die Arbeitslosenquote von Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung ist von 2015 bis 2019 um 13 Prozent gesunken. Erfolge gibt es auch bei der Wahlbeteiligung von Menschen mit Behinderungen, die von 78,2 Prozent im Jahr 2013 auf 84,2 Prozent im Jahr 2017 gestiegen ist. Außerdem leben mehr Menschen als zuvor in ambulant betreuten Wohnformen und es wurden viele Verbesserungen im öffentlichen Personenverkehr erzielt.

Die soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bleibt aber nach wie vor deutlich eingeschränkt. 33 Prozent der Menschen mit Beeinträchtigungen leben allein, bei Menschen ohne Beeinträchtigungen beträgt dieser Anteil lediglich 18 Prozent. Einsam fühlen sich 33 Prozent der Menschen mit Beeinträchtigungen; bei Menschen ohne Beeinträchtigungen sind dies nur 16 Prozent.

Bei Bildung und Ausbildung stehen aber nach wie vor wichtige Inklusionsfortschritte aus

Deutliche Unterschiede bestehen weiterhin hinsichtlich der Schulabschlüsse von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen: Im Jahr 2017 hatten unter den 20- bis 64-jährigen Menschen mit Beeinträchtigungen 8 Prozent keinen Abschluss (Menschen ohne Beeinträchtigungen: 4,1 Prozent) und 38,3 Prozent einen Hauptschulabschluss (Menschen ohne Beeinträchtigungen: 22,7 Prozent). 

Hier geht es zum Dritten Teilhabebericht, auch in leichter Sprache und als Audio-Version:

https://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/a125-21-teilhabebericht.html