Kein Unfallschutz für aggressiven Busfahrer

Setzt ein Busfahrer seinen Bus als „Waffe“ gegen einen Fahrradfahrer ein, verlässt er den Boden der versicherten Tätigkeit

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.9.2020, Az: L 17 U 626/16

2015 ging der Kläger am Unfalltag seiner Tätigkeit als Busfahrer nach. Gegen 21 Uhr kam es zu einer zunächst verbal und dann körperlich ausgetragenen Auseinandersetzung mit einem Fahrradfahrer außerhalb des Busses. Hierbei erlitt der Kläger schwere Kopfverletzungen. Seinen Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls lehnte die Berufsgenossenschaft (BG) ab. Die gegen die negative Entscheidung erhobene Klage vor dem Sozialgericht (SG) Aachen blieb erfolglos, woraufhin der Kläger Berufung beim Essener Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (NRW) einlegte.

Landessozialgericht bestätigt erstinstanzliche Entscheidung

Ebenso wie das erstinstanzliche Gericht kam das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass es bereits an dem erforderlichen sachlichen (inneren) Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit als Busfahrer und der tatsächlichen Verrichtung zum Zeitpunkt des streitigen Ereignisses fehle. Für nicht erwiesen hielten die Richter*innen des LSG, dass der Kläger zum Zeitpunkt als ihm der Radfahrer in den Rücken gesprungen sei, einer Verrichtung nachgegangen sei, die zu seiner versicherten Tätigkeit als Busfahrer gehört habe.

Gegenstand der versicherten Tätigkeit des Klägers sei gewesen, mit dem ihm anvertrauten Bus die Fahrgäste möglichst sicher und pünktlich zu den vorgesehenen Haltepunkten zu bringen. Der Kläger habe nur so lange einem seinem Beschäftigungsverhältnis als Busfahrer dienende und damit versicherte Tätigkeit ausgeübt, wie er den ihm anvertrauten Bus bestimmungsgemäß zum Transport der Fahrgäste auf der vorgegebenen Route eingesetzt habe.

Kein Versicherungsschutz durch Unfallversicherung aufgrund persönlichen Streit mit Radfahrer

Den Boden der versicherten Tätigkeit habe er jedoch dadurch verlassen, dass er den Bus als „Waffe“ gegen den Radfahrer eingesetzt und sich auf eine von persönlicher Feindschaft infolge des beidseitigen aggressiven Vorverhaltens geprägte tätliche Auseinandersetzung mit dem Radfahrer eingelassen habe, die schließlich in dessen Sprung in den Rücken des Klägers geendet habe. Durch das Verlassen des Busses habe der Kläger seine versicherte Tätigkeit räumlich unterbrochen, indem er den Arbeitsbereich seines Arbeitsplatzes, nämlich den Bus, verlassen habe, um sich einer im Wesentlichen persönlich-privaten Auseinandersetzung zuzuwenden. Diese sei nicht bestimmt gewesen sei, den betrieblichen Interessen seines Arbeitgebers zu dienen.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Landessozialgerichts Essen vom 4.5.2021:

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen: Aggressiver Busfahrer ohne Unfallversicherungsschutz (nrw.de)