Wirksame Kündigung wegen behördlicher Quarantäne-Anordnung?

Kann ein Arbeitgeber, einem Arbeitnehmer, auf dessen Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, wegen einer behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne während einer Virus-Pandemie wirksam kündigen? Mit dieser Frage hatte sich das Arbeitsgericht Köln zu befassen.

Verwaltungsgericht Münster, Beschluss vom 03.05.2021, Az. 5 L 276/21

Im Oktober 2020 erhielt ein in einem Dachdeckerbetrieb tätiger Monteur einen Anruf vom Gesundheitsamt, durch den ihm gegenüber, zunächst nur telefonisch, eine häusliche Quarantäne angeordnet wurde, da er Kontakt zu einer mit dem Corona-Virus infizierten Person hatte. 

Aufgrund einer starken Arbeitsbelastung des Gesundheitsamtes verzögerte sich die schriftliche Bestätigung der Quarantäne-Anordnung. Da der Monteur zeitnah keine schriftliche Anordnung seinem Arbeitgeber vorlegen konnte, zweifelte dieser an der Existenz der Anordnung und verlangte vom Monteur zur Arbeit zu erscheinen. Da  dieser sich, unter Hinweis auf das ihm auferlegte behördliche Ausgangsverbot, weigerte die Arbeit aufzunehmen, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Gegen die Kündigung erhob der Monteur Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Köln.

Keine Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes

Das Arbeitsgericht Köln entschied zu Gunsten des Klägers. Denn die Kündigung sei unwirksam, obwohl das Kündigungsschutzgesetz nicht zur Anwendung komme. Die Nichtanwendung des Kündigungsschutzgesetzes, so das Gericht, führe aber nicht zur grenzenlosen Zulässigkeit von Kündigungen. Denn Arbeitnehmer*innen seien jedenfalls vor willkürlichen Kündigungen auf jeden Fall geschützt. Von einem solchen Fall sei hier auszugehen.

Kündigung wegen behördlicher Quarantäne-Anordnung ist willkürlich

In seiner Entscheidung kam das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass sich die Kündigung als unwirksam erweise. Dies ergebe sich aus dem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne. Die Kündigung sei jedenfalls dann willkürlich, wenn der Arbeitgeber aufgrund des verzögerten Eingangs einer schriftlichen behördlichen Bestätigung der Quarantäne bezweifelt und den Arbeitnehmer insofern der Drucksituation aussetzt, entweder gegen die behördliche Quarantäne zu verstoßen oder aber seinen Arbeitsplatz zu verlieren.

Arbeitgeber ausreichend geschützt

Unter Hinweis auf § 56 Abs. 5 Satz 3 IfSchG bestehe für den Arbeitgeber die an den Arbeitnehmer ausgezahlte Vergütung während der behördlich angeordneten Quarantäne vollständig erstattet verlangen. Somit sei ein ausreichender Schutz für den Arbeitgeber gegeben.

Es wäre geradezu paradox, so das Gericht, wenn dem Arbeitnehmer in dieser Konstellation noch zusätzlich ein Sonderopfer abverlangt würde, dass dieser aufgrund der Quarantäne auch noch seinen Arbeitsplatz verliert, während der Arbeitgeber privilegiert wird. Denn dann könne er sich bei einer behördlich angeordneten Quarantäne sofort vom Arbeitnehmer trennen und für diesen einen einsetzbaren Arbeitnehmer einstellen.

Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln kann Berufung eingelegt werden.

Hier geht es zur Entscheidung des Arbeitsgericht Köln vom 15.4.2021:

Arbeitsgericht Köln, 8 Ca 7334/20 (nrw.de)

Auszug aus § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSchG):

                                        § 56 Abs. 5 Satz 3 IfSchG:

(5) Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Abweichend von Satz 1 hat der Arbeitgeber die Entschädigung nach Absatz 1a für die in Absatz 2 Satz 5 genannte Dauer auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt.

Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG):

  1. Grundsätzlich gilt das Kündigungsschutzgesetz erst ab einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten, § 1 Abs. 1 KSchG. Vor Ablauf dieser sechs Monate ist der Arbeitgeber fast gänzlich frei in seiner Kündigungsmöglichkeit.
  • Das Kündigungsschutzgesetz gilt für alle Arbeitnehmer unabhängig von der Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit, sobald der Betrieb/Arbeitgeber mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.