Besteht gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bei geringfügiger Unterbrechung des Arbeitswegs?

Im Juli 2018 erreichte eine Arbeitnehmerin mit ihrem Pkw den öffentlich zugänglichen Firmenparkplatz ihrer Arbeitgeberin. Kurze Zeit nachdem sie aus ihrem Fahrzeug ausgestiegen war und sich etwa 2 m von diesem entfernt hatte, kehrte sie zum PKW zurück, um zu überprüfen, ob die Wagentür verschlossen ist. Hierbei stolperte sie jedoch aus ungeklärten Gründen, stürzte und verletzte sich dabei. Die Arbeitnehmerin ging von einem Arbeitsunfall aus und beantragte bei der gesetzlichen Unfallversicherung dessen Anerkennung. Nachdem die Unfallversicherung die Anerkennung verweigerte, erhob die Arbeitnehmerin Klage beim Sozialgericht (SG).

Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 10.02.2021 – L 3 U 54/20 –

Erfolglos in der I. Instanz

Das SG Landshut wies die Klage ab. Nach Auffassung des Gerichts könne nicht von einem Arbeitsunfall auszugehen sein. Denn die Klägerin habe sich aus eigenwirtschaftlichen Gründen in Richtung ihres Pkw umgedreht, womit der unter Versicherungsschutz stehende direkte Weg zur Arbeitsstelle unterbrochen wurde. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Klägerin.

Landessozialgericht bejaht Vorliegen eines Arbeitsunfalls

Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) entschied zu Gunsten der Klägerin. Die Klägerin habe einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII erlitten als sie sich zum abgestellten Pkw umdrehte und dabei stürzte. Das Umdrehen, so das Berufungsgericht, habe nicht zu einem Entfallen des Versicherungsschutzes geführt. Denn hierbei habe es sich um eine nur geringfügige und deshalb den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unberührt lassende Unterbrechung des unmittelbaren Arbeitswegs gehandelt. Die Prüfung des Verschlossenseins des Pkw habe die Klägerin ganz nebenher erledigen können.

Revision zugelassen

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache hat das LSG die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen und ist dort unter dem Aktenzeichen B 2 U 7/21 R anhängig

Hier geht zur Entscheidung des Bayerischen Landessozialgericht vom 10.02.2021:

LSG München, Urteil v. 10.02.2021 – L 3 U 54/20 – Bürgerservice (gesetze-bayern.de)

Rechtsgrundlage:

Auszug aus § 8 SGB VII

Arbeitsunfall

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.

das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,